Belastungen

Belastungen der Kinder

Die Belastungen, denen Kinder psychisch kranker Eltern ausgesetzt sind, sind vielfältig und variieren von Fall zu Fall erheblich. Sie werden durch verschiedene Faktoren, die vor allem beim erkrankten Elternteil, aber auch im Umfeld des Kindes und beim Kind selbst zu finden sind, beeinflusst. Einige der Faktoren können auch als Schutzfaktoren dienen wie beispielsweise ein gesunder Elternteil, der das Kind schützt und sich um den erkrankten Partner kümmert.

Schlüsselfaktoren, die die Belastung eines Kindes beeinflussen

Faktoren beim erkrankten Elternteil:

  • konkrete Krankheitssymptome und deren Ausprägung (Schweregrad)
  • Krankheitsverlauf (ein chronischer bzw. schubweise chronischer ist besonders belastend)
  • Bewältigungsstrategien / Krankheitseinsicht / Bereitschaft, für sich und sein Kind Hilfe anzunehmen

Faktoren im sozialen Umfeld des Kindes:

  • Konstante Vorhandensein einer gesunden, empathischen Bezugsperson für das Kind, von der das Kind das emotional bekommt und lernen kann, was der erkrankte Elternteil ihm krankheitsbedingt nicht bieten kann und der das Kind auch praktisch bei Bedarf schützt (höchster Schutzfaktor für das Kind, falls vorhanden)
  • Umfang und Qualität des Unterstützungssystems für den Erkrankten

Faktoren beim Kind:

  • Zeit, die es mit den Symptomen des Erkrankten konfrontiert wird
Belastungen betroffener Kinder variieren erheblich

Je nachdem wie die Schlüsselfaktoren für ein Kind stehen, sind Konstellationen möglich, die zu Extrembelastungen eines Kindes inklusive Traumata führen oder die ein Kind kaum in seiner Entwicklung negativ beeinflussen.

Um es an einem konkreten Beispiel festzumachen: Es ist ein erheblicher Unterschied, ob ein Kind bei einer allein erziehenden Mutter mit schweren Wahnvorstellung aufwächst, die immer wieder auftreten und sie sich nicht freiwillig in Behandlung begibt und das Kind bei der Mutter aufwächst und keinen gesunden Erwachsenen konstant als Bezugsperson hat ODER ein Kind eine gesunde Mutter hat, der Vater aufgrund von Arbeitslosigkeit eine leichte Depression entwickelt, er sich zeitnah in Behandlung gibt und die Mutter Hilfe für ihren Partner und das Kind holt.

Daher ist es wichtig, nicht von den Belastungen Kindern psychisch kranker Eltern allgemein zu sprechen, sondern stärker den Einzelfall zu betrachten.

Diese Faktoren sollten Sie auch im Hinterkopf haben, wenn Sie Berichte von betroffenen Kindern lesen und Forschungsergebnisse interpretieren zu Unterstützungswünschen von betroffenen Kindern.  

Beispielhafte Berichte betroffener Kindern

Kind einer Mutter mit bipolarer Störung berichtet

Jessica: What is Having A Bipolar Mother Like?

Norman Wolf: Wie es sich anfühlt, wenn der Vater durch psychische Probleme anfängt zu trinken und dann obdachlos wird

Zu weiteren, verfilmten Berichten betroffener Kinder

Je nach konkreter Situation eines Kindes kann es zur Vernachlässigung bis hin zu emotionalen oder im Einzelfall auch zu körperlichen Misshandlungen eines Kindes kommen. Gerade älteste Kinder oder Einzelkinder, die allein mit dem erkrankten Elternteil leben, werden dann zusätzlich noch mit der Versorgung des erkrankten Elternteils belastet, anstatt selbst versorgt zu werden.

Belastungs- und Gefährdungseinschätzung eines Kindes

Für eine Gefährdungseinschätzung eines Kindes ist es hilfreich

  1. sich die Bedürfnisse von Kindern für eine gesunde Entwicklung (körperlich, aber auch psychisch!) zu vergegenwärtigen (z. B. Schlaf, Essen/Trinken, Körperhygiene, angemessene körperliche Stimulation, Wertschätzung, Sichere Bindung durch Berechenbarkeit im Verhalten, soziale Kontakte, … usw.)
  2. herauszufinden welche dieser Bedürfnisse der erkrankte Elternteil selbst nicht, ab und zu und ständig erfüllen kann. Dafür ist es auch hilfreich, sich die krankheitsbedingten Gefühls, – Denk- und Verhaltensweisen des erkrankten Elternteils zu vergegenwärtigen.
  3. ob der erkrankte Elternteil für die nur nicht oder nur zeitweise durch ihn erfüllbaren Bedürfnisse des Kindes andere zur Unterstützung des Kindes zulässt (z. B. gesunden Elternteil, Verwandte, ehrenamtlichen Paten)
  4. sich mögliche Auswirkungen auf das Kind bewusst zu machen.
    >> Weiter zu Auswirkungen
  5. Bei bestimmten psychischen Krankheiten des Elternteils wie Schizophrenie, bipolarer Störung und bestimmten Formen von Depressionen nicht zu vergessen, dass die Kinder möglicherweise zusätzlich eine genetische Veranlagung geerbt haben können, die durch Stress (dem die Kinder durch ihre Lebensumstände oftmals ausgesetzt sind) ausbrechen kann. vgl. z. B. Mattejat/Remschmidt 2008 in der Ärztezeitung. Daher sollten diese Kinder – um das Ausbrechen der gleichen Krankheit ihrer Eltern zu verhindern – möglichst wenig stressigen Situationen ausgesetzt werden.

Belastungen erwachsen gewordener Kinder

Die Belastungen in der Kindheit können für Kinder sehr prägend sein – mitunter lebenslang. Wenn psychische Erkrankungen chronisch verlaufen, dauern die Belastungen darüber hinaus im Erwachsenenleben bis zum Tod der Eltern weiter an. Einige fallen weg wie z. B. Therapie ohne Zustimmung der Eltern machen zu können, aber neue können hinzu kommen wie eine finanzielle Inanspruchnahme für den erkrankten Elternteil.

Mittlerweile gibt es erwachsen gewordene Kinder, die öffentlich dazu stehen, psychisch erkrankte Elternteile zu haben. Darunter sind auch prominente Menschen.
Mehr darüber erfahren Sie hier.

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